Marathon: Spät starten und schnell laufen

05.05.2023

Marathon: Spät starten und schnell laufen

Der Marathon ist durch, Haftom Welday auch, durchs Ziel, mit 2:09:40. Er ist im TEAM HAMBURG, startet für den Hamburger Laufladen e.V. und er will Olympia 2024, für Deutschland, auch für Hamburg.

Haftoms Geschichte ist so schön wie speziell. Ende 2014 kam er nach Deutschland, als Flüchtling aus Tigray, Äthiopien. Sport, Marathon, Erfolg, das war gar nicht sein Thema; seine Zukunft, das Überleben aber. Absolut verständlich. Bürgerkrieg in Tigray, Haftom ließ alles zurück, fuhr mit einem Pickup durch die Sahara, kam über Libyen letztlich nach Deutschland. Pattensen bei Hannover war seine Hood. Als er dann mal hinter einem Bus herlaufen musste, so sagt man, stellte er fest, dass er da ´ne Gabe hat. Das Talent erkannte auch der dortige Sportverein. Zunächst waren es Kurzdistanzen, regionale Wettkämpfe, 2021 dann sein erster Marathon, mit 30, er wurde 13. Die Strecke schien ihm zu liegen, die Distanz war sein Ding. Der 2. Marathon ging dann schon in 2:09:06, und dann ging alles noch schneller. Haftom wechselte nach HH, zog mit seiner Frau und den 3 Kids um, schloss sich dem Hamburger Laufladen e. V. an, Inhaber und Zunächst-Trainer Jens Gauger hat er sehr viel zu verdanken, gewann seinen sehr netten Berater und Manager Till Behrend und mit ihm Sponsoren und noch viel mehr Zuversicht, Vision, Hoffnung, Glück. 

Haftom trainiert 13-mal die Woche. Er ist ein echter Hamburger, reagiert auf „Moin“ nämlich nicht mit „MoinMoin“ ;-), sein Sohn ist inzwischen eingeschult, alle fühlen sich wohl, warum auch nicht. Sein Training absolviert er dennoch oft und für längere Zeit in Äthiopien. Dort im Hochland, wo die Talente trainieren, hat er Sparringspartner, Trainer, ein Umfeld, das es braucht, um weltweit mithalten zu können. Für seine Familie sicher auch bitter, für seinen Weg aber wohl unumgänglich. Sein Laufstil, leicht und federnd, bei dem Gewicht nicht verwunderlich, zeichnet ihn aus, seine mentale Stärke offensichtlich auch. „Er trainiert sehr hart, aber sehr klug, macht viel mit sich aus und hört extrem gut auf seinen Körper“, so Manager Till Behrend. „Ich mache, was ich kann“, sagt Haftom, „denn ich darf das machen, was ich kann“, und das ist Laufen, nach seiner Lebensgeschichte ein Geschenk, sagt er und ist dankbar, seiner neuen Heimat, seiner Familie, seinem Umfeld, seinem Team. „Das alles macht mich glücklich, das Team gibt mir Kraft, ich habe den Rücken frei“, und er sieht sein neues Leben in echter Balance. Die Krönung war für ihn die Einbürgerung. Er ist jetzt Deutscher, darf für Deutschland an den Start gehen und das macht ihn sehr stolz. „Mein größtes Ziel ist deswegen, Deutschland bei den Olympischen Spielen in Paris zu vertreten, darauf konzentriert sich aktuell mein ganzes Leben“, sagt er. Quali-Zeit ist 2:08, je eher er die schafft, desto besser. Vom Bundestrainer nominiert wird erst im nächsten Frühjahr. In HH reichte es leider nicht ganz, obwohl er mit 1:02:33 seine bisherige Halbmarathonbestzeit unterboten hat: „Ab KM 30 musste ich aber abreißen lassen und habe mit 2:09:40 leider auch die Olympianorm verpasst.“ Aber: „Die harte Arbeit geht weiter und das Ziel bleibt Paris 2024!“

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Fotos: privat